Schweizer Politiklexikon

   
Abberufung: Möglichkeit der Stimmbürgerschaft, das Parlament abzusetzen. Auf Bundesebene durch Beschluss auf Totalrevision der Bundesverfassung. Auf kantonaler Ebene in Bern, Luzern, Schaffhausen, Thurgau und Tessin möglich. A.der Regierung ist in Schaffhausen, Solothurn, Thurgau und Tessin möglich. Bisher ist eine A.noch nirgendwo vorgekommen.
aktives Wahlrecht: Schweizer Staatsbürger, die am Wahltag 18 Jahre alt waren.
AlterspräsidentIn: Amtsältestes Mitglied des Nationalrates, das die erste Sitzung nach den Wahlen eröffnet. Der Ständerat hat seit 1848 keinE A. mehr, da die Amtsperioden kantonal geregelt sind.
Ausmehren: An einer Versammlung feststellen, welche Seite die Mehrheit hat.
Briefliche Abstimmung: In fast allen Kantonen kann bis zu 5 Wochen vor dem Wahltag per Brief gewählt und abgestimmt werden. In einzelnen Gebieten wird die B.A. von 90% der Stimmenden genutzt.
Bund: Kurzbezeichnung für die Schweiz. Offiziell: Schweizerische Eidgenossenschaft.
Bundesbüchlein: Broschüre mit Erläuterungen zu einer Abstimmungsvorlage auf Bundesebene, wird an alle Stimmberechtigten versandt.
BundeskanzlerIn: ChefIn der Bundeskanzlei (Stabsdienste der Regierung und des Parlamentes). Wird von der Bundesversammlung auf 4 Jahre gewählt und nimmt an der Bundesratssitzung teil.
Bundeshaus: Sitz des Bundesparlaments und des Bundesrates in Bern.
BundespräsidentIn: PräsidentIn des Bundesrates für 1 Jahr. Repräsentiert die Schweiz nach Aussen wie einE StaatspräsidentIn. Wird jeweils am 2. Mittwoch der Dezembersession gewählt und danach im Heimatkanton mit Pomp gefeiert.
Bundesrat: Bundesregierung mit 7 gleichberechtigten Mitgliedern. Bei der Wahl ist die Verteilung auf die Landesteile zu berücksichtigen. PräsidentIn und VizepräsidentIn sind auf 1 Jahr gewählt. Turnus: Jedes Mitglied wird in der Reihenfolge der Anciennität ins Präsidium gewählt, wenn es "unter" allen amtsälteren Mitgliedern "gedient" hat. Wahlorgan: Bundesversammlung. Amtsdauer: 4 Jahre.
Bundesversammlung
(offiziell "Vereinigte
Bundesversammlung")
Nationalrat und Ständerat in gemeinsamer Sitzung unter der Leitung des Nationalratspräsidiums. 246 Sitze.
Zuständig hauptsächlich für Bundesrats- und Richterwahlen
Eintreten: Parlament: Eine Regierungsvorlage inhaltlich behandeln.
Einzelinitiative: Antrag eines/einer einzelnen Stimmberechtigen an das Parlament.Benötigt in den meisten Kantonen ein Quorum, um behandelt zu werden.
erwahren: Resultat formell bestätigen (im Nationalrat)
Fraktion: Die Abgeordneten jeder Partei mit mind. 5 Sitzen in einer Kammer des Parlaments bilden eine F.
In allen kantonalen Parlamenten gelten analoge Regelungen mit verschiedenen Mindeststärken. AR und AI kennen keine F.
Gouvernement:
(Regierung)
Kantonsregierung im Kanton Jura
Grosser Rat:
(Grand Conseil,
Gran Consiglio)
Kantonsparlament in Bern, Luzern, Freiburg, Basel-Stadt, Schaffhausen, Graubünden, Thurgau, Tessin, Waadt, Wallis, Neuenburg, Genf. Ein einzelnes Mitglied heisst "Grossrat/rätin", "Député(e)", "Diputato", in St. Gallen "Kantonsrat".
Halbkantone: Nidwalden, Obwalden, Basel-Stadt, Basel-Land(schaft), Appenzell-Ausserrhoden, Appenzell-Innerrhoden sind die H.
Immunität: Bundesratsmitglieder können nur gerichtlich belangt werden, wenn der Bundesrat ihre I. aufhebt. Parlamentarier geniessen die Parlamentarische I. bei Aktivitäten im Zusammenhang mit ihrem Mandat.
Interpellation: Antrag eines Parlamentsmitglieds oder einer Fraktion, einen Gegenstand mit der Regierung zu diskutieren.
Kantonsrat: Kantonsparlament in Zürich, Schwyz, Obwalden, Zug, Solothurn, Appenzell-Ausserrhoden, St. Gallen. Ein einzelnes Mitglied heisst "Kantonsrat/rätin"
Kollegialprinzip
(fälschlich auch
"Kollegialitätsprinzip")
Die Kollegialregierung entscheidet gleichberechtigt und gemeinsam. Alle Mitglieder haben nach Aussen den Mehrheitsentscheid zu vertreten und ihn auch zu vollziehen.
Kommission: Ausschuss in einem Parlament
Konkordat: Verbindlicher Vertrag zwischen mehreren Kantonen, hat Gesetzescharakter.
Konstituierung
(Regierung):
Nach jedem personellen Wechsel einer Regierung findet die Verteilung der Departemente statt. Es gilt dabei das informelle Anciennitätsprinzip, notfalls der Mehrheitsentscheid.
Kummulieren: EineN Kandidaten/in auf der Wahlliste doppelt aufführen.
Landammann: (RotierendeR) RegierungspräsidentIn in Uri, Schwyz, Obwalden, Nidwalden, Glarus, Zug, Solothurn, Appenzell- Ausserrhoden, Appenzell-Innerrhoden, Aargau. In Appenzell-Innerrhoden "Regierender" und "Stillstehender" (=Vize) L.
Landrat: Kantonsparlament in Uri, Nidwalden, Glarus, Basel-Land. Ein einzelnes Mitglied heisst "Landrat"
Landsgemeinde: Versammlung der StimmbürgerInnen eines Kantons oder Bezirks. Auf kantonaler Ebene noch in Glarus und Appenzell-Innerrhoden.
Motion
(in Basel-Stadt "Anzug")
Persönlicher Antrag eines Parlamentsmitglieds, der Regierung einen verbindlichen Auftrag zu erteilen
Nationalrat: Volkskammer des Bundesparlaments. Die Sitze werden nach der Bevölkerungszahl bei der letzten Volkszählung verteilt. Jeder Kanton ist ein Wahlkreis mit mind. 1 Sitz.
NationalratspräsidentIn: Wird jeweils im Dezember für 1 Jahr gewählt (Aufstieg über 2. und 1. Vizepräsidium) und als "höchsteR SchweizerIn" bezeichnet. Präsidiert auch die Bundesversammlung. Wahl wird im Heimatkanton mit Pomp gefeiert. Das N. wird im Turnus von den Fraktionen nach ihrer Stärke gestellt.
Panaschieren: Kandidaten anderer Listen auf die eigene Liste übernehmen. In fast allen Wahlgesetzen geht dann die Parteistimme an die andere Liste über.
Parlamentarische Initiative: Konkreter Antrag eines Parlamentsmitglieds auf Gesetzesänderung.
Parlement:
(Parlament)
Kantonsparlament im Kanton Jura. Ein einzelnes Mitglied heisst Député(e)
passives Wahlrecht: Gleiche Anforderung wie aktives Wahlrecht.
Postulat: Persönlicher Antrag eines Parlamentsmitglieds, der Regierung einen unverbindlichen Prüf-Auftrag zu erteilen
PUK: Parlamentarische Untersuchungskommission. Wird vom Parlament eingesetzt um die politischen Vorgänge bei einem Skandal aufzuhellen.
Referendum: Obligatorisches R.auf Bundesebene für Verfassungsänderungen und die wichtige Staatsverträge. Fakultatives R.für alle Gesetze und andere Staatsverträge. Auf Bundesebene sind 50'000 Unterschriften oder 8 Kantone (Kantons-R.) notwendig. 2004 wird erstmals in der Geschichte über ein Kantons-R. abgestimmt.
Regierungsrat:
(Conseil d'Etat,
Consiglio di Stato -
nicht verwechseln mit Ständerat !)
Kantonsregierung in Zürich, Bern, Luzern, Uri, Schyz, Obwalden, Nidwalden, Glarus, Zug, Solothurn, Basel-Stadt, Basel-Land, Schaffhausen, Appenzell-Ausserrhoden, St. Gallen, Graubünden, Aargau, Thurgau
Ring: Abgegrenzter Platz an der Landsgemeinde, der für die Stimmberechtigten reserviert ist.
Röstigraben:
(Fossé du Rösti)
Von Rösti=deutschschweizer Kartoffelgericht: Bezeichnung für die Sprachgrenze D/F bei unterschiedlichem Abstimmungsresultat
Rückkommen: Parlament: Einen bereits gefällten Entscheid rückgängig machen und nochmals entscheiden.
Rückweisung: Parlament: Eine Regierungsvorlage zur nochmaligen Behandlung an die Regierung zurückschicken.
Schultheiss: (RotierendeR) RegierungspräsidentIn in Luzern
Sitzverteilung: In den Kantonen mit >1 Sitz nach Hagenbach-Bischoff (Listen- und Unterlistenverbindungen möglich). In Kantonen mit 1 Sitz relatives Mehr.
Sperrklausel: Bei Nationalratswahlen besteht keine S. Die vielen kleinen Wahlkreise (6x1 Sitz, 2x2 Sitze, 1x3 Sitze, 1x4 Sitze, 3x5 Sitze) schaffen aber ein zT. sehr hohes natürliches Quorum.
Staat: Bezeichnung für Kanton
Staatsrat
(Conseil d'Etat,
Consiglio dello Stato)
Kantonsregierung in Freiburg, Tessin, Waadt, Wallis, Neuenburg, Genf
Stammlande: Traditionelle Hochburgen (wird nur für die Hochburgen der CVP, die katholischen Kantone, verwendet)
Stand: Kanton
Ständemehr: Für Verfassungsänderungen und Beitritt zu Internationalen Organisationen ist das S.erforderlich. Es beträgt 12 von 23 Ständen.
Ständerat:
(Conseil aux Etats,
Consiglio degli Stati -
nicht verwechseln mit Regierungsrat !)
Kantonskammer des Bundesparlaments. Gleichberechtigt mit Nationalrat. Jeder Kanton hat 2 Sitze, jeder Halbkanton 1 Sitz. Wahlmodus: Kantonal unterschiedliches Mehrheitswahlrecht, ausser Jura (kantonales Proporzwahlrecht). Das S. wird im Turnus von den Fraktionen nach ihrer Stärke gestellt.
Standesinitiative: Antrag eines Kantons an das Bundesparlament. Hat die gleiche Stellung wie die Motion eines Parlamentsmitglieds.
StänderatspräsidentIn: Wird jeweils im Dezember für 1 Jahr gewählt (Aufstieg über 2. und 1. Vizepräsidium) und als "zweithöchsteR SchweizerIn" bezeichnet. Ist auch VizepräsidentIn der Bundesversammlung. Wahl wird im Heimatkanton mit Pomp gefeiert.
Standeskommission: Kantonsregierung in Appenzell-Innerrhoden. Die Mitglieder haben altertümliche Bezeichnungen wie "Säckelmeister", "Landesfähnrich" oder "Bauherr" und werden direkt in ihr Ministeramt gewählt.
Standesstimme: Stimmgewicht eines Kantons bei Volksabstimmungen mit Ständemehr. Jeder Kanton hat 1 Standesstimme, nur die Halbkantone haben lediglich 1/2 Standesstimme.
Stellvertretung
(Wählen, Abstimmen)
In den meisten Kantonen kann stellvertretend für MitbewohnerInnen oder Betagte gestimmt werden.
Stellvertreter
(Suppleanten)
In den Parlamente von Graubünden, Wallis und Jura können abwesende Abgeordnete durch S.ersetzt werden, die ebenfalls vom Volk gewählt werden.
Stichentscheid: Bei Unentschieden haben in Regierung und Parlament die Vorsitzenden den St. In Regierungen haben sie vorher üblicherweise mitgestimmt, in Parlamenten jedoch nicht.
Stimmzwang: Stimmpflicht unter Bussandrohung. Nur noch in Kanton Schaffhausen in Kraft. Deshalb hat dieser Kanton die höchste Stimmbeteiligung.
Vereidigung: Bundesrats- und Parlamentsmitglieder müssen den Amtseid (mit Anrufung von Gott) oder das Amtsgelübde vor der Bundesversammlung (resp. der jeweiligen Parlamentskammer) ablegen, bevor sie ihr Amt antreten können.
Verfassungsgericht: Existiert auf Bundesebene nicht. Die Entscheide des Bundesparlaments können juristisch nicht angefochten werden, ausser bei internationalen Gerichten.
Volksinitiative: Antrag von mind. 100'000 Stimmberechtigten (Bund) auf Verfassungsänderung. Erzwingt Volksabstimmung innert 7 Jahren.
Von-Wattenwyl-Gespräche Regelmässige, informelle Verhandlungen des Bundesrates mit den Spitzen der Regierungsparteien und -fraktionen. Finden im Von-Wattenwyl-Haus in Bern statt.
VizekanzlerIn: 2 StellvertreterInnen des/der BundeskanzlerIn. Der/die eine amtet hauptsächlich als MediensprecherIn des Bundesrates. Wird von der Bundesversammlung auf 4 Jahre gewählt.
Weibel: (Bundes-W., Standes-W.) Regierungs- und Parlaments-Diener, bei formellen Gelegenheiten in einen prächtigen Ornat gekleidet und mit Siegel etc. geschmückt.
Welsche:
(Welschland)
Bewohner der französischsprachigen Landesteile
Zauberformel: Parteipolitische Zusammensetzung des Bundesrates von 1959-2003: 2 FDP, 2 CVP, 2 SP, 1 SVP.
Wird auch für andere länger dauernde Regierungs- Zusammensetzungen verwendet.
 
 
zusammengestellt von Ruedi Lais, info@lais.ch, www.lais.ch, März 2004